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Stand: 28.05.2021 | Lesedauer: 5 Minuten Von Kaja Klapsa Redakteurin Innenpolitik

Gesundheitsminister Jens Spahn will, dass bald auch Kinder und Jugendliche ein Impfangebot erhalten – notfalls gegen die Empfehlung der Stiko. Dr. Klaus Reinhardt, Präsident der Bundesärztekammer, findet es wichtiger, erstmal die Eltern zu impfen.

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WELT: Herr Reinhardt, wie ist im Moment die Stimmung in den Arztpraxen?

Klaus Reinhardt: Die Stimmung in den Arztpraxen ist gereizt. Die Kollegen geben sich Mühe, die Menschen so schnell es geht zu impfen, aber die Impfstofflieferungen schwanken oder fallen immer mal wieder aus.

Das frustriert die Patienten, die verständlicherweise sofort geimpft werden wollen. Bei mir in der Praxis in Bielefeld waren vergangene Woche an einem Vormittag allein 300 Anrufe zu verzeichnen. Das belastet das Praxisteam sehr.

Der Allgemeinmediziner Klaus Reinhardt, 61, ist seit Mai 2019 Präsident der Bundesärztekammer. Als Hausarzt ist er in Bielefeld (Nordrhein-Westfalen) niedergelassen

Der Allgemeinmediziner Klaus Reinhardt, 61, ist seit Mai 2019 Präsident der Bundesärztekammer. Als Hausarzt ist er in Bielefeld (Nordrhein-Westfalen) niedergelassen Quelle: picture alliance/dpa Anzeige

WELT: Einige Ärzte haben sich bereits aus dem Impfen zurückgezogen. Können Sie das nachvollziehen?

Reinhardt: Das waren meines Wissens einzelne Kollegen. Wenn jemand in einer Einzelpraxis arbeitet und über nicht viel Personal verfügt, kann solch ein Schritt unter Umständen nachvollziehbar sein, um die Versorgung der anderen Patienten noch zu gewährleisten. Das sind aber, wie gesagt, absolute Einzelfälle.

WELT: Viele Praxen klagen, die Aufhebung der Priorisierung in einigen Bundesländern habe zu der aktuellen Überlastung geführt.Dabei hat ein Teil der Ärztevertreter genau dies vorher gefordert. Hat man sich verkalkuliert? Lesen Sie auch

Reinhardt: Die Aufhebung der Impfpriorisierung ist grundsätzlich richtig. Sie setzt aber voraus, dass genügend Impfstoff für die Praxen zur Verfügung steht. Das ist leider noch immer nicht der Fall. Priorisierung bedeutet viel Bürokratie für die Praxen. Die Patienten müssen aktiv eingeladen und die Termine so koordiniert werden, dass zu dem Zeitpunkt auch ausreichend Impfstoff parat liegt.

https://www.welt.de/politik/deutschland/article231427351/Aerztekammer-Chef-Wuerde-jetzt-nicht-raten-Kinder-regelhaft-impfen-zu-lassen.html