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pfmGesundheit 3. März 2021 3 Minutes

Auch unter Ärzten ist der Irrtum weit verbreitet, dass Antikörper das entscheidende Mittel der Immunabwehr sind. Deshalb kam Besorgnis auf als entdeckt wurde, dass zumindest bei einigen neueren Virus-Varianten keine Neutralisierung durch Antikörper mehr gefunden wurde. Wie neue Forschungen zeigen, schränkt dies die Abwehrmöglichkeit und Immunität durch CD4+ und CD8+ T-Zellen jedoch nicht ein.

Die Bildung von hohen Antikörpern-Titern wird auch oft mit einer guten Reaktion des Immunsystems verwechselt. Eine neue am 9. Februar 2021 in PubMed veröffentlichte Arbeit bestätigt schon früher bei MERS gewonnene Erkenntnisse, dass das nicht der Fall ist.

In der Studie von Tan et al wird gezeigt, dass eine rasche Steigerung von Antikörper-Titern während der Infektion mit einer Zunahme der Krankheitsschwere einhergeht, während eine frühe Erzeugung von SARS-CoV-2-spezifischen T-Zellen bei Patienten mit milder Erkrankung und beschleunigter Virus-Beseitigung vorhanden ist. Anders gesagt: Reagieren die T-Zellen rasch, dann kommt es nicht zu einer schweren Erkrankung und es werden nur wenige oder gar keine Antikörper benötigt. Auch die Autoren der MERS-Studie fanden, dass T-Zellen das Virus schnell beseitigen, was den Schweregrad der Erkrankung, die Exposition gegenüber dem Virus und die Stärke der Antikörperantwort reduziert. Höhere IgG-Spiegel gegen das Spike-Protein während der akuten Infektion wurden bei Patienten beobachtet, die anschließend starben.

Nebenbemerkung: Die rasche Erzeugung von spezifischen T-Zellen benötigt ausreichende Spiegel von Vitamin D, wie Prof. Carsten Geisler von der Universität Kopenhagen schon 2010 nachgewiesen hat

Die bereits bekannten Professoren Shane Crotty und Alessandro Sette vom La Jolla Institute for Immunology in Kalifornien zeigen in ihrer neuen Studie, dass T-Zellen auch bei den bisher bekannten Mutationen für eine starke Immunabwehr sorgen, unabhängig davon, ob die Antikörper nun wirksam sind oder nicht. Das gilt sowohl für spezifische T-Zellen, die  durch eine tatsächliche Infektion oder durch eine Impfung mit einem der bekannten Impfstoffe entstanden sind.

Das Auftreten von SARS-CoV-2-Varianten hat die Notwendigkeit unterstrichen, die adaptive Immunantwort auf dieses Virus besser zu verstehen. Es ist wichtig zu untersuchen, ob auch CD4+ und CD8+ T-Zell-Antworten betroffen sind, da diese eine entscheidende Rolle bei der Krankheitsbewältigung und der Modulation der COVID-19-Krankheitsschwere spielen.

In der Studie wird eine umfassende Analyse der SARS-CoV-2-spezifischen CD4+ und CD8+ T-Zell-Antworten von rekonvaleszenten COVID-19-Patienten durchgeführt, die den Wuhan-Stamm erkannten, verglichen mit den Varianten B.1.1.7, B.1.351, P.1 und CAL.20C sowie Empfängern der COVID-19-Impfstoffe von Moderna oder Pfizer/BioNTech. Ebenso wird gezeigt, dass die Sequenzen der überwiegenden Mehrheit der SARS-CoV-2 T-Zell-Epitope durch die in den untersuchten Varianten gefundenen Mutationen nicht beeinflusst werden. Insgesamt zeigen die Ergebnisse, dass die CD4+ und CD8+ T-Zell-Antworten bei rekonvaleszenten COVID-19 Probanden oder COVID-19 mRNA-Impfstoffen durch die in den SARS-CoV-2-Varianten gefundenen Mutationen nicht wesentlich beeinflusst werden.

Ein robustes CD4+und CD8+T-Zellgedächtnis wird nach COVID-19 induziert und auch mehrere COVID-19-Impfstoffe lösen CD4+und CD8+T-Zellantworten aus. Die Daten liefern einige positive Nachrichten angesichts der berechtigten Besorgnis über die Auswirkungen der SARS-CoV-2-Varianten auf die Bemühungen zur Kontrolle und Beseitigung der derzeitigen Pandemie. Mehrere der Varianten wurden mit einer verminderten Empfänglichkeit für neutralisierende Antikörper von infizierten oder geimpften Personen in Verbindung gebracht.

Im Gegensatz dazu deuten die hier präsentierten Daten darauf hin, dass die T-Zell-Antworten von den Varianten weitgehend unbeeinflusst sind. Es ist zwar nicht zu erwarten, dass zirkulierende Gedächtnis-T-Zellen eine SARS-CoV-2-Infektion wirksam verhindern, aber es ist plausibel, dass sie den Schweregrad von COVID-19 reduzieren können. Mehrere Belege unterstützen diese Vorstellung, wie z. B. Beobachtungen, dass frühe SARS-CoV-2 T-Zell-Antworten mit milderem COVID-19 assoziiert sind. Somit kann die T-Zell-Antwort zur Begrenzung der COVID-19-Schwere beitragen, die durch Varianten induziert wird, die teilweise oder weitgehend neutralisierenden Antikörpern entgehen. Dies steht im Einklang mit der T-Zell-vermittelten Immunität, die beim Menschen gegen Influenza beobachtet wurde, bei der Immunität gegen verschiedene Influenzastämme durch Gedächtnis-T-Zellen garantiert wird.

Insgesamt wird gezeigt, dass der Effekt der Varianten auf die globalen CD4+und CD8+T-Zell-Antworten vernachlässigbar ist. Mutationen, die mit den Varianten assoziiert sind, könnten eine Anpassung im Hinblick auf die Optimierung der Replikation oder Bindung an ACE2 widerspiegeln, aber auch eine Anpassung, um der Immunerkennung durch Antikörper zu entgehen. Während Mutationen, die der Antikörperbindung entgehen, für Influenza und SARS-CoV-2 gut dokumentiert sind, wurde für andere akute Atemwegsinfektionen kein Immun-Escape auf der Ebene der T-Zell-Antworten in menschlichen Populationen berichtet. Bei SARS-CoV-2 wird diese Eigenschaft der T-Zell-Erkennung noch durch die Tatsache verstärkt, dass die T-Zell-Antworten gegen SARS-CoV-2 hochgradig auf viele verschiedene Merkmale (Antigene) des Virus reagieren, mit Dutzenden von verschiedenen Epitopen, die von CD4+und CD8+T-Zellen in einem gegebenen Individuum erkannt werden.

https://tkp.at/2021/03/03/studien-immunitaet-durch-t-zellen-wirkt-gegen-alle-bekannten-virus-mutationen/