Die teils extreme Arbeitsbelastung für Pflegekräfte wurde durch die Coronapandemie offenbar. Die Rahmenbedingungen treiben viele Pflegerinnen und Pfleger aus dem Beruf, den sie eigentlich leidenschaftlich gerne ausüben.
Eigentlich ist die Krankenpflegerin Susanne Schmid (Name von der Redaktion geändert) glücklich in ihrem Beruf. Über das Thema Arbeitsbedingungen möchte sie trotzdem nur anonym sprechen. Die 24-jährige Nürtingerin arbeitet in der Chirurgie in einer der drei Medius-Kliniken im Kreis Esslingen. „Es ist ein Beruf, den ergreift man nicht einfach so. Am Ende des Tages weiß man, dass man etwas Gutes getan hat“, sagt sie. Es mache ihr zudem Spaß und sei abwechslungsreich. „Ich würde gerne für immer in diesem Beruf bleiben, aber ich weiß nicht, ob das mein Rücken mitmacht.“ Eine typische Einstellung, die viele Pflegerinnen und Pfleger aus den unterschiedlichen Pflegebereichen teilen, sagt Andrea Kiefer, die Vorsitzende des Deutschen Berufsverbandes für Pflegeberufe (DBfK) Region Südwest.
Großes Problem, offene Stellen zu besetzen
Überstunden seien an der Tagesordnung. Vor allem der Personalmangel mache den Pflegerinnen und Pflegern zu schaffen: „Ich verstehe, dass der Arbeitgeber kein Personal herzaubern kann, aber wir haben nicht genügend Kollegen. Es ist ein großer Unterschied, ob man zu zweit oder zu dritt arbeitet,“ so Schmid. Viele ihrer Kollegen seien an einem Punkt, an dem sie sagen würden, dass sie die Arbeit noch zwei Jahre machen würden und dann wechseln. „Wir haben einen Personalmangel in den Krankenhäusern, in der Langzeitpflege und auch in der ambulanten Pflege“, bestätigt Kiefer. Es gebe Schwierigkeiten, offene Stellen zu besetzen. Deswegen werde versucht, Kollegen zu motivieren, wieder zurückzukommen, die bereits ausgestiegen seien. Auch Pfleger in Teilzeit würden ermuntert, ihre Arbeitszeit aufzustocken. Der Personalmangel verschlechtert laut der Krankenschwester aus Nürtingen auch die Kollegialität. „Falls jemand ausfällt, werden zuerst die Leute angerufen, die nicht so oft nein sagen. Die werden ausgenutzt.“
Patientenbetreuung wie am Fließband
Am Ende sei das größte Problem, dass sich der Personalmangel negativ auf die Patientenbetreuung auswirke. Schmid hierzu: „Zu zweit sind wir für 20 bis 25 Patienten zuständig. Es muss alles schnell gehen – wie am Fließband. Das bekommen die Patienten zu spüren.“ Es würden öfter kleine Fehler passieren, die durch mehr Zeit mit den Patienten verhindert werden könnten. Zwar nichts lebensbedrohliches, aber für die ohnehin angeschlagenen Patienten oft unangenehm, da sie sich in so einem Fall schlicht nicht gut versorgt fühlen würden.
„Als ich im Nachtdienst vor zwei Wochen eine Drainage neu kleben musste, die mein Kollege nicht richtig gemacht hat, sagte der Patient, dass er das Gefühl hat, dass mein Kollege keine Lust hatte – so was ist schade.“ Sie selbst habe in der Hektik einer stressigen Nachtschicht bereits einen abgeklemmten Katheter nicht bemerkt. „Der Patient hat geschlafen. Erst am Morgen ist aufgefallen, dass sich inzwischen ein Liter Urin angesammelt hat.“
Auch die persönliche Betreuung bliebe auf der Strecke. Patienten, die ihr Bett nicht verlassen könnten, hätten ein erhöhtes Bedürfnis nach Gesprächen, für die oft keine Zeit bliebe. Erschwert werde ihr Arbeit auch durch bürokratische Auflagen. „Ich arbeite 30 Minuten am Patienten und danach 30 Minuten an der Dokumentation.“ Dabei müssten sie auch Formulare ausfüllen, die eigentlich für die Ärzte bestimmt seien.
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