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pfmGesundheit 28. September 2021 4 Minutes

In vielen Ländern, die sehr rasch eine hohe Impfquote erreicht haben, sind die Covid-fälle bei Geimpften in den vergangenen beiden Monaten drastisch gestiegen. In England ist mittlerweile eine Übersterblichkeit festzustellen. Eine deutliche Dynamik der abnehmenden Impfeffektivität und zunehmenden Impfdurchbrüche zeigt sich nun auch in Deutschland analysiert

Gastautor Johannes Steinmetzger*

Im letzten Wochenbericht des RKI wird die geschätzte Impfstoffeffektivität der über 60- Jährigen mit ca. 83% angegeben. Bei der Altersgruppe 18-59 Jahren mit ca. 84%.

Das ist erstaunlich, zumal im gleichen Wochenbericht die Zahl der Impfdurchbrüche der über 60-jährigen mit symptomatischen COVID-Fällen bei 44,6% liegt.

Abbildung 1 – Screenshot aus Wochenbericht des RKI

Trotz 44,6% Impfdurchbrüchen schätzt das RKI die Impfeffektivität auf 83% Prozent. Das mag erstaunen und ist einfach mit unterschiedlichen Betrachtungszeiträumen zu erklären.

Dabei wäre es doch sehr sinnvoll, ein aktuelles Bild der Effektivität zu bekommen, anstatt einen Zeitraum von acht Monaten zu betrachten. Zur Steuerung sind Daten aus März/April/Mai komplett irrelevant, wenn im September die Wirksamkeit dramatisch abnimmt.

Schon in dieser Darstellung lässt sich erkennen, dass über 50% der Impfdurchbrüche in allen Altersklassen in den letzten vier Wochen entstanden sind und die restlichen sich auf den Zeitraum von KW05 bis KW32 verteilen. Dies ist ein Hinweis daraus, das die Impfdurchbrüche in den letzten vier Wochen im Vergleich zu Beginn des Jahres explodiert sein müssen.

Dazu ein paar zusätzliche weitere Analysen:

Die Werte der Impfdurchbrüche der letzten zwei Monate zeigen eine deutliche Tendenz:

Anteil Impfdurchbrüche der letzten 4 Wochen (relativ in Prozent)Alter
12-17 Jahre
Alter
18-59 Jahre
Alter
60> Jahre
Wochenbericht 1.8.20211,313,631,6
Wochenbericht 25.8.20211,115,938,5
Wochenbericht 8.9.20211,11841,8
Wochenbericht 22.9.20211,421,344,6

Abbildung 2 – Impfdurchbrüche aus den Wochenberichten des RKI zusammengestellt

In allen Altersbereichen steigt die relative Anzahl der Impfdurchbrüche. Die Werte der Jugendlichen im Alter von 12 bis 17 sind wegen der geringen Anzahl nicht zu analysieren („Gesetz der kleinen Zahlen“). Bei genauerer Betrachtung zeigt sich, dass diese relativen Werte bereits über 4 Wochen „geglättet“ bzw. gemittelt wurden – jeder dieser Werte bezieht sich auf die vorhergehenden vier Wochen.

Über diese Zusammenfassung der Daten werden Trends erst deutlich später sichtbar, zumal der Berichtszeitraum zwar einen Wochenbericht vermuten lässt, die Daten selbst zeigen aber vier Wochen.

Wochengenaue Werte lassen sich durch die kumulierten Daten errechnen. Dies wurde durchgeführt und hier exemplarisch für die über 60-jährigen dargestellt:

Hier ergibt sich folgendes Bild:

Anteil Impfdurchbrüche Alter 60> Jahre
01.08.2120,1%
08.08.2129,4%
19.08.2137,9%
25.08.2137,4%
01.09.2139,6%
08.09.2142,8%
15.09.2144,8%
22.09.2146,1%

Abbildung 3 – Tabelle – Berechung der wöchtenlichen relativen Impfdurchbrüche aus RKI Wochenberichten

Es wird deutlich, wie dramatisch sich die Impfdurchbrüche in 8 Wochen entwickelt haben, insbesondere auch wenn die absoluten Zahlen dargestellt werden.

Die Darstellung der relativen und absoluten Zahlen der Impfdurchbrüche der über 60-Jährigen zeigt dieses Diagramm:

Abbildung 4 – Absolute und relative Impfdurchbrüche bei Alter 60> Jahren

Setzt sich der Trend (linear) weiter fort, ist Mitte Oktober mit mehr als 50% Impfdurchbrüchen bei den über 60-jährigen zu rechnen. Dann haben wir eine Pandemie der Geimpften in dieser Altersgruppe.

Diskussion

Die Dynamik der Abnahme der Impfstoffeffektivität ist erschreckend. Das RKI macht die Tendenz nicht transparent, sondern verschleiert mit Mittelwert-Bildung über längere Zeiträume die Dynamik.

Es zeigt sich in den letzten 4-5 Wochen ein dramatischer Verlust an Wirksamkeit.

Minimales Infektionsgeschehen

Gleichzeitig zeigt aber auch diese Analyse, wir gering das gemessene Infektionsgeschehen in Deutschland derzeit ist. Dies sollte auch bei einer persönlichen Gefahrenbeurteilung betrachtet werden.

Beispiel:

Es leben in Deutschland mehr als 20 Millionen Menschen über 60 Jahre. Und es werden im letzten Wochenbericht 3867 symptomatische COVID-19 Fälle gelistet. Das sind ungefähr 0,02% dieser Bevölkerung. Zum Vergleich: Das ist ungefähr so wahrscheinlich wie viermal hintereinander eine Sechs zu würfeln.

Interpretation

Die Daten aus Israel lassen vermuten, dass die Wirksamkeit der COVID-19 Impfstoffe nach einigen Monaten sehr stark nachlassen und Israel jetzt seine Strategie auf eine 3. Impfdosis (Booster) setzt.

Die Zulassungsstudien haben nur über einen Median von 2,5 Monaten die Wirksamkeit betrachtet.

Wenn dieser Zusammenhang sich als richtig erweist, ist die Impfkampagne in Deutschland eine Fehlstrategie, zumal eine mögliche Schutzwirkung in den Sommermonaten evtl. gegeben war, aber in der typischen Erkältungszeit diese dann schwindet.

RKI und Impfstoffwirksamkeit – „eher überschätzt“

Und letztlich beschreibt auch das RKI, dass die Impfstoffwirksamkeit von 83% eher überschätzt wird.

Zitat aus dem letzten Wochenbericht:

„Da die Angaben zu den Impfungen der COVID-19-Fälle teilweise unvollständig sind und somit eine Untererfassung der geimpften COVID-19-Fälle wahrscheinlich ist, wird die Wirksamkeit der Impfstoffe eher überschätzt.

„Auch wenn mit der aktuellen Methodik der Mittelwert-Berechnung einer Überschätzung der Impfeffektivität entgegengewirkt wird, kann nicht ausgeschlossen werden, dass die aktuelle Dynamik sowohl in den Impfquoten als auch in den Infektionswahrscheinlichkeiten sowie ein zumindest im ambulanten Bereich möglicherweise unterschiedliches Testverhalten bei Geimpften und Ungeimpften zu Verzerrungen führen. Die hier aufgeführten Werte müssen daher mit Vorsicht interpretiert werden und dienen vor allem der Einordnung der Impfdurchbrüche und einer ersten Abschätzung der Impfeffektivität.“ (Hervorhebung durch den Autor)

Man darf gespannt sein, wie sich die Impfstoff-Wirksamkeit weiter entwickelt und inwieweit diese Dynamik Einzug in der öffentlichen und veröffentlichten Meinung hält; und so vielleicht auch die politischen Entscheider dazu bringt, die aktuelle Kampagne neu zu bewerten ebenso wie die 3-G Regeln.

Quellen: Wochenberichte des RKI – zu finden auf der Webseite des RKI