Brief
Gesehen bei Führungskrkaft mit Herz
Von Führungskraft mit Herz Beitragsdatum 24. Januar 2021
Ich finde die Entscheidung des Asklepios Konzern absolut nicht hinnehmbar und Herr Tschentscher als Bürgermeister und SPD Mitglied muss hier handeln.
In Zeiten einer Pandemie von nationaler Tragweite ist dieses Verhalten, von diesem Großkonzern, nicht hinnehmbar.
Sehr geehrter Herr Tschentscher,
Sie können sich gewiss denken aus welchem Anlass heraus ich Ihnen diesen Brief schreibe. Ich bin Krankenschwester und arbeite bereits seit über 15 Jahren in diesem Beruf.
Nun ereilte mich im Dezember durch einen Artikel, während einer Pandemie von nationaler Tragweite, die durch und durch absolut unvereinbare Entscheidung des Asklepios Konzern, eine Krankenschwester weil Sie sich öffentlich kritisch geäußert hat entlassen zu wollen.
Bereits damals hat mich diese Nachricht empört, weil diese so surreal wirkt. Wenn Sie bis vor kurzem zur Rechten von Frau Merkel – jetzt haben Sie ja Herrn Müller aus Berlin beerbt – in den Pressekonferenzen, bei denen weitreichende und einschneidenden Entscheidungen verkündet wurden, mit fast schmerzverzerrtem Gesicht mitgewirkt haben.
Weder Sie noch Herr Söder konnten es sein lassen die Moralkeule gegenüber dem Volk zu schwingen.
Nun kann es einfach nicht aus bleiben, wenn sich drei erwachsene Menschen (Frau Merkel, Herr Söder und bislang Sie) wie Sie es sind, die dem Volk das Denken absprechen wollen, dass darauf eine Reaktion folgt. Denn zuerst behandeln Sie die Menschen wie kleine Kinder und jetzt wundern Sie sich wieso viele auf Ihre immer dramatischer klingenden Reden kaum mehr reagieren. Sie erreichen das Volk nicht mehr.
Wieso würde ich Ihnen gerne anhand der Kündigung dieser gewiss, mit vielen Kompetenzen ausgestatteten Krankenschwester, wie Mut und Stärke Dinge offen anzusprechen – welches offensichtlich nicht Ihre Stärken sind – erläutern.
Wobei ich mich frage, wieso werde ich dann Politiker, denn das sind Kernkompetenzen die jemand in Ihrer Position erfüllen muss. Ich kann in der Anästhesie auch nicht die Narkose einleiten wollen und kurz nachdem ich die Medikamente gespritzt habe, erst merke huch der Tubus (aus Packung nehmen, Blockerspritze bereitlegen, evtl. Führungsstab, Gleitmittel) ist ja gar nicht Einsatzbereit.
Sie arbeiteten doch selbst zumindest bis 2011 am Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf (UKE), aber vermutlich liegt das zu weit in der Vergangenheit. Ist es möglich, dass Sie die Erfahrung schlicht weg nicht machen mussten, in einem privaten Krankenhaus zu arbeiten?
Vielleicht liegt es aber auch daran, dass Ihr Fachgebiet in der Molekularbiologie verankert ist und Sie Laborarzt sind. Das wäre ja naheliegend.
Da Sie sich bislang in keinem mir bekannten Artikel dazu geäußert haben, obwohl wir ja in Zeiten einer Pandemie von nationaler Tragweite leben, möchte ich Sie nun über den Sachverhalt (den Sie selbst auch gerne in der Presse, vor allem NDR, nachlesen können) kurz aufklären:
„Kranke sterben allein und ohne Begleitung. Asklepios wiederum sagt, dass es solche Situationen bislang nicht gegeben habe. Am vergangenen Donnerstag berichtete Romana Knezevic, eine der Sprecher der Krankenhausbewegung, im „Hamburg Journal“ des NDR von einem massiven Personalmangel im Asklepios-Krankenhaus in St. Georg. Schon seit langer Zeit fehle es an ausreichend Pflegepersonal, nun sei die Situation durch steigende Coronapatienten besonders dramatisch. Häufig kämen auf eine Pflegekraft bis zu fünf Intensivpatienten. „Das sprengt jeglichen Rahmen“, sagte Knezevic. […]“
Schauen Sie sich gerne auch auf der ARD Mediathek die Aussage von Frau Knezevic dazu an, am Ende werde ich diese als Quellen mit einpflegen.
Der Konzern bezichtigt die Pflegepersonen der Lüge, vielleicht schauen Sie sich hierzu den Film, „Der marktgerechte Patient“ von 2018 an und fragen die Dame, die Ihren Mann genau in diesem Konzern auf menschenunwürdige Art und Weise verloren hat, wer hier vermutlich lügt.
Es wird also eine Krankenschwester vom Asklepios Konzern gekündigt, weil diese es wagt Dinge in der Presse anzusprechen, wovor sich viele Pflegepersonen scheuen, wozu Herr Spahn aber noch am 11./12. November am Deutschen Pflegetag aufruft:
„Mir sagen Pflegekräfte jetzt muss ich Zimmer putzen. Dann kann ich nur sagen da hilft am Besten im Zweifel zu sagen ‚ich gehe‘ und das im Zweifel nicht alleine zu sagen sondern sich mit den 30, 40, 50 anderen Kollegen auf Station zusammen zu tun und zu sagen ‚wir gehen‘. Weil dieses Krankenhaus wird keine anderen finden, schon gar nicht in so großer Zahl und entweder geht es dann auf Sie zu oder nicht.“
Um vielleicht etwas die derzeitige Situation aufzufrischen:
Die Asklepios Kliniken Hamburg GmbH entstand aus dem ehemaligen Landesbetrieb Krankenhäuser (LBK). Ende 2004 verkaufte die Freie und Hansestadt Hamburg in zwei Schritten insgesamt 74,9% ihrer Anteile an Asklepios. Also wo bleibt Ihre Initiative als Politiker, die Stadt hält doch ebenfalls noch Anteile!
Da frage ich mich, wer steht denn nun geschlossen hinter dieser Pflegeperson?
Also die Politik ist es nicht, weder Sie als regierender Bürgermeister in Hamburg, noch Ihre Kollegin Frau Leonhard (Behörde für Arbeit, Gesundheit, Soziales, Familie und Integration), sowie Herr Spahn unser Gesundheitsminister. Es geht auch kein besorgter Aufschrei durch die Presse oder unsere Öffentlich Rechtlichen Medien.
Ich habe das Gefühl, dass auf all Ihre vollmundigen Reden, keine Taten folgen – es stagniert und da fragen Sie sich allen Ernstes wie Menschen immer mehr und mehr das Vertrauen in Sie und Ihre Politik verlieren?
Aber es scheint offenbar der eingeschlagene Weg zu sein, auch der von unserer Regierung, Kritik ist nicht erwünscht und Frau Merkel sagte gestern in der Bundespressekonferenz, die Entscheidung bezüglich der Corona Maßnahmen ist Ihre und diese ist politisch.
Vielleicht fangen Sie endlich mal an, eine Fehlerkultur einzuführen und Transparenz zu leben. Denn die Bürger sind mündig und wollen auch so behandelt werden.
Jeden Tag darf sich ein neuer Politiker absolut ethisch und moralisch verwerflich in einer Art und Weise äußern, dass ich kaum an mich halten kann.
Leben wir hier in Deutschland nun in einer Demokratie? Denn wenn ja, muss diese Demokratie auch Menschen zu Wort kommen lassen die anderer Meinung sind.
Wieso greife ich dies auf?
Weil es nichts anderes ist mit dieser Krankenschwester.
Sie wird unbequem und wird deshalb kurzer Hand entlassen, der Weg des geringsten Widerstands, da wird sogar der (naja für so einen Konzern mit großen Rechtsabteilungen vermutlich marginaler Aufwand) Rechtsstreit vor dem Arbeitsgericht gegangen.
Herr Tschentscher Sie arbeiten in der Partei mit dem „S“ im Namen. Aber dieses „S“ sollten Sie streichen, denn Sie sind einfach nicht würdig sich mit dem Wort sozial, welches doch eher auf die Pflege als auf Ihre Partei zutrifft, zu schmücken.
Sie sind nicht nur Politiker in der SPD, sondern auch Bürgermeister der „Freien und Hansestadt Hamburg“ (wobei auch hier das Wort Frei als Schmuck am Nachthemd gilt), Sie tragen ja auch erschwerend hinzukommen, als ehemaliger Mediziner, die Verantwortung. Sie können sich doch nicht weg ducken.
Wo bleibt denn Ihre gelebte Solidarität, wozu Sie und Ihre Kollegen uns Bürger Tag täglich ermahnen, ich kann Sie nicht sehen!
Man kann Menschen nur an Ihren Taten messen, Herr Tschentscher wo sind Ihre?
Vielleicht sollten Sie tatsächlich über einen Rücktritt nachdenken, denn wenn Sie nicht jetzt für die mutige Krankenschwester einstehen, dann verliere ich gänzlich den Glauben an unseren Sozialstaat.
Und da wäre noch was:
Das Krankenhaus Groß-Sand (freigemeinnütziger Träger) schließt die Krankenpflegeschule im Sommer letzten Jahres (und das in Zeiten eines Fachkräftemangels) und auch das Krankenhaus selbst steht nicht sonderlich gut dar und auch eine Schließung stand bereits im Raum.
Falls Sie es noch nicht wussten, 2020 wurden 25 Krankenhäuser geschlossen und 2 bereits zum Jahreswechsel.
Vielleicht löst das auch bei Ihnen ein gewisses Aha-Erlebnis aus?
Sterbehilfe für Krankenhäuser und das während der Corona-Pandemie – was ist der Plan?
Seit 1991 fielen 1.011 Krankenhäuser dem Ökonomisierungstrend der Politik zum Opfer. Sprich von ursprünglich 2.411 Krankenhäusern auf 1.400.
Die Prognose ist keine Gute, denn Jens Spahn plant eine Krankenhausstruktur in ganz Deutschland von 600 Krankenhäusern. Eine weitere nüchterne Erkenntnis, 2018 befindet sich jedes dritte Krankenhaus in privater Trägerschaft.
Und da spielt Hamburg doch direkt bei den Ersten mit:
Mit sieben Akutkliniken und einer Rehabilitationsklinik stellt Askelpios in Hamburg den größten Klinikverbund an einem Standort in Europa. Dort werden ca. die Hälfte aller Menschen, die eine Krankenhausbehandlung benötigen versorgt. Mehr als 40 % aller Hamburger Krankenhausbetten stehen bei Asklepios und weit mehr als die Hälfte aller Rettungseinsätze enden in einer der Zentralen Notaufnahmen von Asklepios.
„Asklepios Klinik Altona, Asklepios Klinik Am Kurpark Bad Schwartau, Asklepios Klinik Barmbek, Asklepios Klinikum Harburg, Asklepios Klinik Nord – Heidberg, Asklepios Klinik Nord – Ochsenzoll, Asklepios Klinik St. Georg, Asklepios Klinik Wandsbek, Asklepios Westklinikum Hamburg, Medizinische Versorgungszentren: ambulante Versorgung“
Und jetzt lassen Sie uns nochmal auf den Punkt von Herrn Spahn zurück kommen, denn wie soll sich Pflegepersonal bei einem Markt der Form eines Oligopols tatsächlich dagegen wehren?
Wer ermöglicht denn diesen Konzernen diese Macht? Diese Konzerne bewegen sich keinen Millimeter vom Fleck, weil Sie Verhandlungsmacht haben, welches u.a. Ihrer Partei durch Einführung der DRGs 2004 ermöglicht hat. Seitdem schießen die privaten Anbieter wie Pilze aus dem Boden, denn es rentiert sich nicht nur für den Konzern, sondern auch für die ganz ganz vielen Aktionäre.
Wieso sollen Krankenhauskonzerne – Aktiengesellschaften – nun vom Steuerzahler während der Corona-Pandemie gerettet werden?
Oder habe ich die Breaking-News verpasst in denen Rhön, Asklepios, Sana, Helios von Ihren Millionen und Milliarden Gewinnen aus Solidarität etwas an die Gesellschaft abgeben?
In einem Sozialstaat gehört sich die Gesundheitsversorgung, versorgungs- und nicht gewinnorientiert im Sinne des Allgemeinwohls, geführt.
Ich fordere Sie jetzt als Bürgermeister der Freien Hansestadt Hamburg und Parteimitglied der SPD dazu auf, handeln Sie jetzt. Zeigen Sie jetzt Größe und beweisen den Menschen, dass Politik nicht nur in Pressekonferenzen nett wirkt weil auf Fragen immer auf Umwege geantwortet wird, sondern dass Sie Solidarität leben und das nicht nur ein Marketingtrick ist.
Herr Tschentscher, es ist jetzt fünf nach zwölf um zu Handeln, stehen Sie jetzt hinter der Pflege und zeigen der Gesellschaft, das Pflege mehr wert ist und jeder Einzelne darauf sehr schnell ganz unverschuldet angewiesen sein kann.
Ich bitte Sie inständig darum, zeigen Sie, dass Politik nicht nur von guten Taten spricht, sondern handelt. Gerne gebe ich Ihnen mein Lebensmotto als Führungskraft mit auf den Weg: „Führen durch Vorbild“.
Mit freundlichen Grüßen
Krankenschwester Sabrina
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